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Rundfunk Berlin-Brandenburg: QUIVIVE, 26.9.2007
THEMA: EIFERSUCHT
Eifersucht – Gefühle zwischen Normalität
und Wahn
Filmbeiträge: Alenka Tschischka
Infotext: Susanne von der Heydt
Eifersucht kann krank machen. Sie kann
den Blick auf die Realität verstellen und die betroffenen Menschen daran
hindern, den Anforderungen in Beruf und Privatleben zu entsprechen.
Der eine beschreibt es
als ein dumpfes Gefühl in der Magengegend, die andere empfindet es wie einen
Stich ins Herz: Eifersucht. Ganz egal, wie sie sich anfühlt, jeder von uns
kennt diese unangenehme Emotion. Sie gehört zu unserem normalen Gefühlsrepertoire
dazu. Eifersucht kommt in jedem Alter vor. Jeder ist dann und wann mal eifersüchtig
- in verschiedenen Ausmaßen.
Menschen, die krankhaft eifersüchtig sind, leiden. Ihr Leben wird bestimmt von
dem Gefühl, nicht ausreichend geliebt und respektiert zu werden. Ihr
Tagesablauf gerät komplett aus den Fugen, denn die ständige Angst, der Partner
finde jemand anderen attraktiver, unterhaltsamer oder klüger, macht das Leben
zur Hölle. Schnüffeleien, Kontrollanrufe und Befragungen werden zum Zwang.
Was spielt sich ab, wenn sich der Partner auf einer Party angeregt und sichtlich
amüsiert mit der hübschen Blondine unterhält? Oder wenn die eigene Freundin
ihrem Ex-Freund lachend ins Telefon säuselt? Was ist Eifersucht eigentlich?
Eine Mischung aus verschiedenen Gefühlen wie Angst, Ärger, Wut, Hilflosigkeit
und Trauer spielt eine Rolle und wirbeln unser Inneres gehörig auf.
Mangelndes Selbstbewusstsein gilt als Hauptursache für Eifersucht. Wer sich
selbst nicht mag, kann kaum glauben, dass jemand anders einen liebt. Eifersucht
wird zur ständigen Suche nach Bestätigung, einer Sucht nach Sicherheit. Geht
man der Sache auf den Grund, sind nicht selten negative Bindungserlebnisse und
Verlustgefühle in der Vergangenheit Ursache übersteigerter Eifersucht. Die Fähigkeit
zu vertrauen wird dadurch geschwächt, bei manchen wird sie sogar zerstört. Wer
glaubt, nicht ausreichend Zuneigung und Aufmerksamkeit zu bekommen, wird eifersüchtig.
Interessanterweise ist Eifersucht auch kulturabhängig und an gesellschaftliche
Strukturen gebunden. Eifersucht ist demnach ein anerzogenes Produkt von
Gesellschaftsordnungen. In manchen Völkern spielt Eifersucht fast gar keine
Rolle; z.B. in Kulturen, die keinen Privatbesitz kennen. Das wird u.a. Völkern
in der Südsee nachgesagt. Oft wird auch das Patriarchat als Ursache für
Eifersucht zur Verantwortung gezogen. Forscher glauben, die Tatsache, dass
Frauen durch Heirat zum Besitz eines Mannes werden, in manchen Völkern die
Braut „gekauft“ wird, der Ursprung für Eifersucht sei.
Eifersucht ist per se nicht krankhaft. Aber wo kann man die Grenze ziehen? Wenn
die Fantasien ausarten, der Bezug zur Realität verloren geht und eine
Partnerschaft nur noch aus Kontrolle besteht, ist das nicht gesund für die
Beziehung und auch nicht für den Betroffenen. Eifersucht ist dann nicht ein
Beweis der innigen Liebe, sondern der mangelnden Selbstliebe und wird zu einer
zerstörerischen Kraft.
Klar ist: Eifersucht zerstört Beziehungen. Der Partner fühlt sich kontrolliert
und eingeengt. Und der Eifersüchtige quält sich selbst mit übersteigertem
Kontrollzwang und mit dem Wissen, dem anderen nicht vertrauen zu können. In
extremen Fällen führt es zur sozialen Isolation. Denn schwer Betroffene sind
dann nicht nur eifersüchtig auf den eigenen Partner, sondern auf jeden im näheren
Umfeld. Manchmal sind die Verlustängste so groß, dass eifersüchtige Menschen
lieber ungebunden leben. Aber gerade das bestätigt ihre Selbstzweifel und macht
sie noch unglücklicher.
Was kann jemand also tun, der „krankhaft“ eifersüchtig ist? Wichtig ist,
das negative Gefühl als Warnsignal zu begreifen und eine Klärung herbeizuführen.
Wer weiß, dass er schnell eifersüchtig wird, sollte das Gefühl nicht
verbergen, sondern offen mit dem Partner darüber reden. Eifersucht ist keine
angeborene Charaktereigenschaft – man kann das negative Gefühl überwinden.
Gerade in neuen Beziehungen hilft es, darüber zu sprechen, was man empfindet
wenn der andere offen flirtet. Für manche ist das völlig in Ordnung, andere
rasten komplett aus. Denn auch wer die große Toleranz rauskehrt und so tut, als
ob der enge Tanz mit dem Kumpel einen nicht stört, kann Gleichgültigkeit
ausstrahlen. Ein ganz falsches Signal. Erstmal müssen beide herausfinden, was für
sie „Treue“ bedeutet und was ein Vertrauensbruch darstellt.
Wer merkt, dass seine Gefühle wieder in Wallungen geraten, sollte versuchen,
ruhig zu bleiben. Besser ist, geordnet zu formulieren, was man gefühlt hat,
statt den Partner mit Vorwürfen und Unterstellungen zu bombardieren.
Schlüssel zum Erfolg ist selbständig zu bleiben und das Selbstbewusstsein zu
stärken. Auch die beste Partnerschaft braucht noch Kontakte mit anderen. Alte
Freundschaften müssen weiter gepflegt werden. Wer selbstständig bleibt, eigene
Pläne macht und Spaß an aushäusigen Aktivitäten hat, stärkt sich und lebt
mit dem Gefühl unabhängig zu sein. Gerade das macht eine gute und lange
Partnerschaft aus. Denn Eifersucht wird bewiesenermaßen stärker, je abhängiger
wir uns in einer Beziehung fühlen. Wer das nicht allein schafft, findet Hilfe
bei Therapeuten.
Wenn eine Beziehung aufgrund von Eifersucht in die Brüche geht, kann es
dramatisch werden. Will ein Partner das Ende nicht wahrhaben oder akzeptieren,
kommt nicht selten körperliche Gewalt und auch Psychoterror ins Spiel.
Stalking
Wem beharrlich nachgestellt wird, wer ständig beobachtet und verfolgt wird, ist
ein so genanntes Stalking-Opfer. Es fühlt sich bedroht, verängstigt und
eingeschüchtert. Die physische oder psychische Unversehrtheit, wie es im
Rechtsdeutsch heißt, kann dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig
bedroht und geschädigt werden. Seit dem 31.03. 2007 gibt es endlich eine
Gesetzesänderung, die das wiederholte und dauerhafte Belästigen oder
Terrorisieren einer Person gegen deren Willen unter Strafe stellt. Eine
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren droht demjenigen, der die Privatsphäre
anderer nicht respektiert.
Stalking ist ein Begriff aus der englischen Sprache und bedeutet übersetzt
"Pirschjagd". Während früher gedacht wurde, dass sich dieses Phänomen
nur auf Prominente bezieht, weiß man heute: Stalking kommt tatsächlich überall
vor. Die Täter kommen aus allen sozialen Schichten und aus allen
Bildungsklassen.
Die Methoden sind vielfältig: Auflauern, Beobachten, Verfolgen, Ausspionieren,
Telefonterror (in der heutigen Zeit auch durch SMS oder Email) unerwünschte
Brief- und Geschenksendungen. Es kommt sogar vor, dass Stalker in die Wohnung
des Opfers einbrechen und private Dinge zerstören. Verfolger versuchen, ihr
Opfer durch gezielte Gerüchte und Verleumdungen im Bekanntenkreis oder bei
Kollegen und Vorgesetzten fertig zu machen. Und immerhin 20 Prozent schlagen
irgendwann brutal zu.
Die Opfer sind in der Mehrzahl Frauen. Die Täter meist Männer. Auch wenn sich
Opfer und Täter nicht notwendigerweise kennen müssen, ist in etwa der Hälfte
der Fälle der Ex-Partner der Verfolger, in jedem vierten Fall ein Freund oder
guter Bekannter. Hintergrund ist häufig eine Wahnidee oder Zwangsvorstellung
des Stalkers. Triebfeder ist nur selten Leidenschaft oder überzogene Romantik.
Es geht um Macht, Kontrolle und Aufmerksamkeit.
Nur 20 Prozent der Betroffenen, so wird geschätzt, gehen zur Polizei. Viele
haben Angst, nicht ernst genommen zu werden. Einige haben diese Erfahrung
gemacht. Das neue Gesetz trägt nun dazu bei, dass Polizisten die Nachstellungen
nicht als Bagatelle abtun. Denn es können häufig Erfolge erzielt werden: Bei
manchen Männern reicht es tatsächlich aus, dass Beamte sie zu Hause aufsuchen
und in deutlichen Worten auffordern, die Belästigungen aufzugeben. Opfer von
Stalking haben jetzt auch die Möglichkeit, bei Gericht Schutzanordnung gegen
den Stalker zu erwirken. Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass dem Täter
gerichtlich verboten wird, sich der Wohnung des Opfers zu nähern.
Wichtigster Rat an Stalkingopfer: Konsequent den Kontakt zum Verfolger
abbrechen! Kein letztes Gespräch, keine erneute Aussprache. Am besten ist es,
jegliche Annährungsversuche komplett zu ignorieren. Jede Form, auf solch einen
Täter zuzugehen, gibt ihm nämlich neue Hoffnung.
Das neue Gesetz stärkt die Verfolgten, die bisher oft hilflos waren. Rechte zu
haben hilft. Selbsthilfegruppen können zusätzlich unterstützen.
Filmbeiträge: Alenka
Tschischka
Infotext: Susanne von der Heydt
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