Praxis für Psychosomatische Medizin
Psychotherapie - Psychoanalyse


Dr. med. Bernhard Palmowski, Berlin

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Märkische Allgemeine Zeitung, Donnerstag, 23. November 2006

THEMA: DEPRESSION



"Soziale Kontakte machen stark"

Psychotherapeut über Depressionen

Von Antje Hildebrandt



Winterdepression? Mit dem Begriff kann Bernhard Palmowski, 55, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, wenig anfangen. Er hält ihn sogar für äußerst problematisch. Der Berliner Arzt, der auch Landesvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie ist, appelliert an seine Kollegen, ganzheitliche Ursachenforschung zu betreiben.
Mit Palmowski sprach Antje Hildebrandt.

Woran erkennt man, ob man an einer Depression leidet?
Palmowski: Eine objektiv messbare Schwelle gibt es nicht. Das ist eher eine Frage der Qualität. Also: Kann ich meinen Haushalt noch versorgen? Achte ich auf die tägliche Hygiene? Werde ich meinen beruflichen Anforderungen gerecht? Wenn sich Jemand länger als zwei Wochen krank schreiben läßt, weil er sich dem Alltag nicht mehr gewachsen fühlt, würde ich das als Hinweis auf eine depressive Erkrankung deuten.

Woran liegt es, dass sich in der kalten Jahreszeit so viele Menschen schlapp und antriebslos fühlen?
Palmowski: Garantiert nicht an der Temperatur, der Schneedecke oder am bedeckten Himmel. Ich habe Bedenken, ausschließlich das Winterliche dieser Depression zu betonen. Ebenso gibt es eine Feiertagsdepression, eine Wochenenddepression, eine Urlaubsdepression oder eine Frühjahrsdepression.

Der Depressionsforscher Dieter Kunz sieht einen Zusammenhang zwischen dem Winterschlaf der Tiere und menschlicher Antriebslosigkeit.
Palmowski: Was die Biologie anbetrifft, da stimme ich ihm zu. In der dunklen Jahreszeit hat der Mensch ein größeres Ruhebedürfnis. Leider können viele zu Hause aber nicht einfach abschalten. Weihnachten steht vor der Tür - und für viele meiner Patienten ist das ein echtes Problem. Sie quälen sich schon seit August mit der Frage, wie sie die Feiertage verbringen sollen.

Der Mangel an Licht hat keinen entscheidenden Einfluss auf das Wohlbefinden?
Palmowski: Wenn alleine der Mangel an Licht angeblich im Winter Depressionen verursacht, woran liegt es dann, dass die meisten Suizide im Mai/Juni verübt werden? Weil dann die Sonne wieder scheint? Da kriegen Sie mit der Logik ein Problem.

Heißt das, eine Lichttherapie, ist Hokuspokus?
Palmowski
: Wenn jemand das Gefühl hat, dass es ihm hilft, soll er das ruhig machen.

An der Charite wird gerade erforscht, warum 75 Prozent der Bevölkerung die dunkle Jahreszeit überhaut nichts ausmacht, während 25 Prozent zu Verstimmungen bis hin zur Depression neigen. Was glauben Sie, ist der eigentliche Grund?
Palmowski
: Wenn jemand im Winter depressiv wird, liegt es wohl oft eher daran, dass sein ohnehin schon labiles seelisches Gleichgewicht vor Weihnachten zusammenbricht. Es fällt manchem schwer, sich das einzugestehen. Die eigentlichen Ursachen aufzuarbeiten, kostet Mut und Überwindung. Technische Lösungen erscheinen da bisweilen einfacher.

Kann man Depressionen vorbeugen?
Palmowski
: Ja, man sollte sich in der Vorweihnachtszeit einfach mehr Raum und Zeit für sich nehmen - und Gefühle wie Einsamkeit oder Enttäuschung auch mal zulassen.

An Zeit mangelt es Singles oder Arbeitslosen nicht.
Palmowski
: Sie haben Recht, ich würde solche Ratschläge vom Adressaten abhängig machen. Generell empfehle ich meinen Patienten, sich regelmäßig körperlich zu bewegen, am besten an der frischen Luft und in Gesellschaft. Soziale Kontakte stärken das Immunsystem. Sie haben eine antidepressive Wirkung.

Interview: Antje Hildebrandt